Die Chemieindustrie in der Coronakrise

In der chemisch-pharmazeutischen Industrie ergibt sich bei den Auswirkungen der Corona-Krise ein differenziertes Bild.

Die Lage der Chemieindustrie zeigt sich während der Corona-Krise uneinheitlich. In einigen Segmenten wie etwa bei der Nachfrage nach Desinfektionsmitteln und anderen Pandemie-relevanten Produkten mussten Beschäftigte in der Chemieindustrie in 2020 vielfach Überstunden leisten und Umsätze erhöhten sich. In anderen Bereichen setzte sich zeitweise auch Kurzarbeit durch. Nicht zu vergessen ist, dass die Chemieindustrie eine stark auf den Export orientierte Branche ist. Deshalb kam es unter dem Strich in der Gesamtheit sowohl bei den Inlands- als auch bei den Auslandserlösen zu Umsatzeinbußen. Dennoch kämpft sich die Chemieindustrieangemessen stabil durch die Krisensituation. Hier muss allerdings die weitere Entwicklung auch im Ausland abgewartet werden, um eine weitere Prognose für den Verlauf des Jahres 2021 abgeben zu können.

Die Umsatzentwicklung 2020 unter Corona in der Chemieindustrie

Insgesamt ging die Produktion bei Chemie und Pharma 2020 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 3 % zurück. Der Umsatz sank insgesamt um 6 %. Auslandsgeschäfte haben ein Umsatzrückgang von rund 6,5 % verzeichnet. Die Inlandserlöse gingen um 5,5 % zurück. Insbesondere im Bereich der Polymere ist ein vergleichbar hohes Produktionsminus von 6,5 % festzustellen. Derzeitig wirken weitere negative Faktoren auf die Chemieindustrie ein. Dazu zählen beispielsweise die Folgen des Brexits und die Problematik der Container-Engpässe im Warenverkehr mit China. Das Auf und Ab des letzten Jahres durfte sich durch den derzeit noch immer andauernden Lockdown weiter fortsetzen. Hier macht sich auch weiterhin die unterschiedliche Ausrichtung der Industrieunternehmen bemerkbar. Während einige Pharma-Unternehmen im Vergleich zu Vorjahren übermäßig ausgelastet sind, trifft das auf andere Industrieteilnehmer nicht zu.

Geschäftsklima und Konsequenzen für die Beschäftigung in der Chemieindustrie

Trotz anhaltender Lockdown-Maßnahmen verbesserte sich die Geschäftslage in der Chemieindustrie von einem massiven Einbruch im Juni 2020 bis März 2021 erheblich. Das Geschäftsklima und die Erwartungen verhalten sich ganz ähnlich. Sie stiegen seit Mai 2020 in der Chemieindustrie kontinuierlich an und erlitten nur einen kleinen Einbruch im Februar 2021. Die Branche zeigt sich auch sehr widerstandsfähig, was den Umgang mit Beschäftigten im Zusammenhang mit der Krise angeht. Zu Entlassungen im großen Stil ist es nicht gekommen, offensichtlich konnten Engpässe mit Kurzarbeit abgefangen werden.

Außerdem scheint sich die Branche während der zweiten und dritten Pandemie-Welle gut an die Krisenbedingungen angepasst zu haben, weil verschiedene Verwaltungsbereiche auch ins Home-Office ausgelagert werden können. Hier scheint ebenso eine Gewöhnung an die gesteigerten Hygienestandards in den Produktionen immer besser umgesetzt zu werden. Von Massenausbrüchen bei Covid-19 ist in der Chemieindustrie nichts zu hören. Das ist bemerkenswert, weil vielerorts in der Produktion durchgehend weitergearbeitet wird.

Die weitere Prognose für die Chemieindustrie 2021

Die Chemieindustrie ist in einigen Segmenten sehr auf Exporte angewiesen. Hier kam ihr die schnelle Entwicklung in China im Laufe des Jahres 2020 zugute. Dadurch konnten weitere massive Einbrüche bei den Umsätzen und der Leistung des Industriezweiges vermieden werden. Es können aber weitere Belastungen auf die Branche zukommen. Noch wird nicht eindeutig sichtbar, wie sich beispielsweise der Brexit auf die Chemieindustrie auswirken wird. Betrachtet man andere Branchen und den allgemeinen Zustand, könnten die Auswirkungen auch bei Chemie und Pharma erheblich sein. Immerhin führten Pharma und Chemie 2020 bis einschließlich November Maschinen im Wert von 570 Millionen EUR, chemische Erzeugnisse im Wert von 487 Million EUR und pharmazeutische Erzeugnisse für 361 Million EUR nach Großbritannien aus.

Hier bauen sich zukünftig unter anderem regulatorische Hürden für den Industriezweig auf, da sich Großbritannien mit dem Brexit auch aus den Standards der EU-Zulassungsverfahren der Branche verabschiedet hat. Es wird damit zukünftig weiterer bürokratischer Aufwand erforderlich, um verschiedene Produkte in Großbritannien weiterhin vermarkten zu können. Die Branche hatte sich insgesamt mit verstärkter Lagerhaltung auf beiden Seiten des Ärmelkanals auf den Wechsel vorbereitet. Die Folgen des EU-Austritts durch Großbritannien können deshalb erst in einiger Zeit genau beurteilt werden.

Ebenso ungewiss ist es, wie sich bestimmte Lieferengpässe bei Rohstoffen und durch die Containerproblematik auf die Chemieindustrieauswirken werden. Hier ist mit der Containerproblematik die Chemieindustrieunter anderem von Lieferengpässen bei Kunststoffen, Verpackungen und Behältern besonders betroffen.

Vorsichtiger Optimismus dürfte allerdings angemessen sein, da sich die Chemieindustriebesser als erwartet durch die Krise schlägt und hier offensichtlich in vielen Bereichen adäquate Anpassungsmechanismen entwickelt hat. Ebenso durfte sich das Geschäft für einige Beteiligte in der Branche besonders gut entwickeln, da weiterhin pharmazeutische Produkte und Impfstoffe rund um die Virenbekämpfung so gefragt sind, dass es wie bei den Impfstoffen eher zu Lieferengpässen als zu Produktionseinschränkungen kommt.

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